Autor: Agrita Tipāne, Dr. arch.
Um die Jahrhundertwende entwickelte sich in der Kunst ein neues künstlerisch-ästhetisches System, der Jugendstil, der in Lettland das System der modernen Stile einleitete. In Rīga kam dieser Stil am prägnantesten in der Architektur zum Ausdruck. Die ersten Gebäude im Jugendstil wurden hier um die Jahrhundertwende gebaut, als die Stadt wirtschaftliches Aufblühen infolge der Entwicklung der Industrie und des Handels erlebte. Jährlich wurden in Rīga im Durchschnitt 150 bis 200 neue Gebäude errichtet, überwiegend Mietshäuser aus Ziegeln. Sie waren ein Spiegel der Ideale der damaligen Gesellschaft und in ihnen war alles zum äußeren Prunk bestimmt – reichlich geschmückte Fassaden, repräsentative Treppenhäuser und prunkvolle Wohnungen. Jedoch bereits Anfang des 20. Jahrhunderts begannen die Menschen die Grundprinzipien der Ökologie kennen zu lernen und große Aufmerksamkeit der gesunden Lebensweise zu schenken. Das widerspiegelte sich auch in den neuen Prinzipien des Städtebaus, die die Begrünung der Städte bestimmten und das neue humane Lebensmillieu der Stadteinwohner gestalteten. Zwischen den Wohnvierteln der Stadt wurden Parks und Bepflanzungen angelegt sowie die Straßen begrünt. Eines der prägnantesten Beispiele ist die Albertstraße (lett. Alberta iela), deren Bebauen 1901 begann. Die Städtebauprinzipien bestimmten für diese Straße, nur auf einer Straßenseite Rasen anzulegen. Oft wurden ökologische Empfehlungen auch beim Einrichten der Behausung verfolgt. In den Räumen wurden viele Topfpflanzen ausgestellt, die gutes Mikroklima sicherten. Die Natur kam in die Stadt nicht nur als Parks und Bepflanzungen, sondern auch in den künstlerischen Interpretationen. Die Quelle der Inspiration der Künstler war sehr oft die Natur und deren Elemente, die häufig zum ornamentalen Dekor im Sinne des Jugendstils wurden. Professor Jānis Krastiņš hebt hervor: Der ornamentale Dekor bestimmt nicht das Wesen des Stils, doch schmücken die Jugendstilbauten auf dem Niveau der Synthese der Künste nicht selten Ornamente in der für diesen Stil charakteristischen Formensprache.”
In der Jugendstilzeit entwickelten sich Wissenschaften, die die Natur forschten und auf solche Weise das Verständis der Menschen für die Umwelt förderten. Auch für Literaten und Künstler kam die Natur als eine Inspirationsquelle vor. Die Natur wurde in Versen und in Prosa, in Gemälden und in Bildhauerkunst besungen. Anfang des 20. Jahrhunderts wirkten mehrere herausragende lettische Künstler wie Vilhelms Purvītis (1872–1945), Janis Rozentāls (1866–1916), Jānis Valters (1869–1932) u.a., die in ihren Werken die Schönheit der Natur Lettlands entdeckten.
Weitere Informationen werden in der virtuellen Ausstellung, festgelegt wird bis April 2016.