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15. Jugendstil in der werbung in Riga am anfang des 20. Jahrhunderts

Autor: Inta Pujāte, Mag. art.




Der rasche wirtschaftliche Fortschritt zu Anfang des 20. Jahrhunderts machte Riga zum Zentrum der industriellen Entwicklung der russischen Ostseeprovinzen. In der Stadt blühte ein vielfältiges kulturelles Leben: verschiedenartige Gesellschaften, mehrere Theater, Ausstellungen der Industrie, des Handwerks, der Blumenzucht und der Gärtnerei, der Kunst, Opern- und Theateraufführungen, Konzerte und Sängerfeste, Gastspiele von verschiedenartigsten Zirkuskünstlern, und auch das neue Medium, das Kino, war vertreten. Die Einwohnerzahl erhöhte sich rapide, und im Jahre 1913 stellten die Letten die große Mehrheit der Bevölkerung (210 000 bzw. 39,65%), gefolgt von den Russen (99 000 bzw. 21,2%) und den Deutschen (um 69 000 bzw. 16,7%).[1]
Ökonomische und künstlerische Aktivitäten verlangten nach Werbung, was auf vielen Stadtansichten Rigas vom Anfang des 20. Jahrhunderts zu sehen ist (Abb. 1). Der lettische Künstler Janis Rozentāls machte sich lustig über diesen Prozess, der in den europäischen und amerikanischen Großstädten noch deutlicher zu spüren war: „Wenn Christus in unserer Zeit leben würde, müsste er Inserate in Zeitungen setzen oder Werbeplakate anbringen, sonst müsste er lange warten, bis jemand zu ihm käme.“[2]
Zu jener Zeit war in Riga der Text der wichtigste Informationsträger in Werbebotschaften. Wegen der Veränderung der Bevölkerungszusammensetzung wurde neben dem Russischen und dem Deutschen auch das Lettische immer häufiger. Es gab Aufschriften an den Geschäften (Abb. 2) und an den Häuserwänden (Abb. 3). Der Text dominierte auch auf verschiedenen Werbesäulen (Abb.4), die damals im Baltikum Plakate genannt wurden. [3] Anfang des Jahrhunderts wurden auch in Riga die 1855 von Ernst Litfaß (1816–1874) patentierten Werbesäulen aufgestellt[4] (Abb. 5). Die Plakate informierten über Konzerte und Ausstellungen, über den Kampf gegen ungesunde Gewohnheiten und Krankheiten, über die in Straßenbahnen und Zügen geltende Ordnung. Zum geschriebenen Wort gesellte sich eine Visualisierung der wichtigsten Waren (Abb. 6) oder eine zu dem angekündigten Ereignis passende Illustration (Abb. 7). Größtenteils war diese Werbung nicht professionell gemacht, doch fing man in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts an, über auch künstlerisch wertvolle Lösungen nachzudenken. Dies war insbesondere für den Bereich des Kulturlebens charakteristisch, wo Jugendstilformen stark ausgeprägt waren.
Anhand von Pressematerialien und anderen Dokumenten ist es möglich, Künstler nachträglich zu identifizieren. Doch haben sich visuelle Materialien sparsamer erhalten als Texte. Daher ist das Bild nicht vollständig. Es reicht aber aus, um sich eine Vorstellung von den für den Jugendstil charakteristischen Formen in diesem Bereich der angewandten Graphik zu machen.
 
Weitere Informationen werden in der virtuellen Ausstellung, festgelegt wird bis April 2016.
 
[1] Zit. nach: Katram bija sava Rīga. Hg. von K. Volfarte, E. Oberlanders, S. 28.
[2] Dzīves palete: Jaņa Rozentāla sarakste. Hg. von Pujāte I., Putniņa-Niedra A., S. 128.
[3] Am Anfang des 20. Jahrhunderts wird auf Deutsch und Lettisch das Wort “Plakat” benutzt. Darunter verstand man sowohl ein Werbebild als auch einen Werbetext, den man heutzutage auf Lettisch “afiša” nennt.
[4] Ernst Litfaß [Internet]. http://de.wikipedia.org/wiki/Ernst_Litfa%C3%9F (03.05.2014).