Autor: Edīte Parute, Mag. art.
Im Ornament der Jugendstilzeit waren zwei wichtige Tendenzen zu merken: Eine orientierte sich auf den Formalismus, die andere auf die Bildlichkeit.[1] Eine von denen war mit der Ästhetik der betont fließenden Linien verbunden, die andere strebte danach, einen steiferen, mehr linearen, geometrisierten und abstrakten Stil zu schaffen. In den Textilien und in Handarbeiten des Rīgaer Jugendstils lässt sich feststellen, dass der Linienfluss mehr um die Jahrhundertwende zum Ausdruck kam, während für die späte Periode des Jugendstils die Ausrichtung der Linien in den Textilien sowie konstruktiveres Herangehen an die Stilisierung der Naturformen und –gestalten kennzeichnend war.
Im Jugendstilornament klang die Gesamtheit von vielen Inspirationsquellen nach, wobei es zum einen das Streben nach der schöpferischen Interpretation der Vergangenheitsornamente gab, zum anderen Hingabe der Lockung der orientalischen Kulturen. Das Ornament begeisterte sich sowohl für Bilder und Formenwelt der vergangenen Zeiten als auch für ausdrucksvolle Neuigkeiten der aktuellen Zeit. In Lettland klangen diese Inspirationsquellen für Ornamente des Jugendstils auch in Handarbeiten und Raumtextilien nach.
Im vielseitigen Bild der Jugendstilornamentik blühte am schönsten die Thematik der belebten Natur auf. Der größten Beliebtheit erfreuten sich Blüten-(Orchideen, Lilien, Iris, Tulpen, Veilchen, Sonnenblumen, Chrysanthemen) und Vogelmotive (Schwäne, Pfauen, Tauben, Fasane). Chrysanthemen machten in der Gruppe der beliebten Frühlings- und Sommermotive des Jugendstils eine eigenartige Ausnahme, was sich direkter mit den durch Japan inspirierten Ornamenten verband. Man stickte sie oft auf Tischdecken, Handtücher und andere raumschmückende Textilien und wies so symbolisch auf den bezaubernden Eindruck der Exotik auf die Gesellschaft des damaligen Europa hin [das Handtuch mit der Chrysanthemen-stickerei und gehäkelten Spitzen am Rand der Handarbeiterin Amālija Matizena (RJM 618, PL 163662)].
Weitere Informationen werden in der virtuellen Ausstellung, festgelegt wird bis April 2016.
[1] Parute, E. Stila un modes enciklopēdija. – Rīga: Jumava, 2010. – 484.lpp.