Autor: Edīte Parute, Mag. art.
Am besten offenbaren sich in Lettland die für den Jugendstil charakteristischen Modegestalten in der bildenden Kunst - in den Werken von Jānis Valters un Janis Rozentāls. Um die Jahrhundertwende ist für die lettische Malerei im Großen und Ganzen romantische Sicht charakteristisch, die man Neoromantik zu nennen pflegt und die entsprechend den Mode-Idealen des Jugendstils die Einigkeit des Menschen mit der Natur bekundet. Um die Jahrhundertwende verstärkte sich mit der Abstrahierung von der Natur die Verallgemeinerung von Formen und dekorative Stilisierung, das auch der Einfluss des Jugendstils förderte. Die Dekorativität wurde besonders durch betonte Rhythmisierung gemehrt: Die schmiegsame, geschmeidige Linie des Jugendstils und der wellenartige Rhythmus unterordneten den Pinselstrich von Mustern, Formen, Platzumrissen, Schattenrissen. Genauso wie in den Modegestalten des Jugendstils so auch in der Malerei wurden blasse, kühle, näher gebrachte Farbenkompositionen, verfeinerte Nuancen, Ornamentalismus, senkrechte Lage der Proportionen ästhetisiert. [1] Um die Jahrhundertwende wurden in der Malerei die für den Jugendstil charakteristischen Frauengestalten anschaulich dargestellt, in deren Kleidungssilhouetten, in dekorativ stilisierten Linien und wellenartigen Rhythmen sich die Modeästhetik der Zeit spiegelte.
Die in Fotoportraits verewigten „Modegesichter” des Zeitalters – Schrift-stellerinnen, Künstlerinnen, Schauspielerinnen und in der Gesellschaft bekannte Damen (Aspazija, D. Akmentiņa, E. Forsele-Rozentāle, H. Freimane u.a.) – zeichneten im gemeinsamen europäischen Bild Besonderheiten der unikalen Gestalt Rīgas ein. Darin wurde das Wesen des nordischen Jugendstils mit der zurückhaltenden und doch verfeinerten Einstellung zu wichtigsten Modekomponenten des Zeitalters anschaulich gezeigt, deren Entstehung nicht nur mit Modezentren Westeuropas – Paris [die bauschigen „Schinkenärmel” (fr. gigot), Godetrock(fr. godet)] und London (das Straßenkostüm für Damen oder das sog. „englische Kostüm”), sondern auch mit dem in Nordamerika entstandenen Bild der emanzipierten Frau (z. B. der Haarknoten “Gibson Mädchen”) verbunden ist.
Eine außerordentlich große Rolle in der Kunst des Jugendstils wurde dem Ornament zugesprochen. Die Bedeutung des Ornaments wurde ausdrücklich in der Architektur Rīgas vor allem in der dekorativen Bildhaurei des Jugendstils betont, wo die Berührung des Bildes von der mythischen Frau und der Pflanzenwelt im Einklag mit Idealen der Zeit dargestellt wurde, denkend an die Umwelt und den Raum, in den sich die Menschengestalt als eine organische Einheit der belebten Natur einfügen würde.
Die für den Jugendstil charakteristischen Pflanzenmotive wurden in den Interieurs der öffentlichen und Wohngebäude breit verwendet. In dekorativen Malereien wurde das Interesse an den nationalen Besonderheiten bekundet sowie die Verwendung des geometrisch stilisierten lettischen Ornaments und der ethnographischen Elemente gefördert. Das war eine der kennzeichnenden Besonderheiten der Jugendstilmode in Rīga: Die Rolle des ethnographischen Ornaments in der Damenkleidung wurde länger als in anderen europäischen Modezentren betont. In Rīga, das man mit Recht für die Modehauptstadt der baltischen Region halten kann, wurde die Anwesenheit von nationalen Elementen und ethnographischen Ornamenten länger als anderswo akzentuiert – sogar bis 1914.
Weitere Informationen werden in der virtuellen Ausstellung, festgelegt wird bis April 2016.
[1] Brasliņa, A., Bremša, L., Bruģis, D., Pelše, S., Pujāte, I. Latvijas mākslas vēsture. – Rīga: Pētergailis, 2004. – 258.lpp.